Die Eule.
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Einsam, tief im dunkeln Forst,
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Zwischen Stacheleich’ und Ginster,
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Saß, zum Sterben still bereit,
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Eine Eule, alt und finster.
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Kam ein brauner Edelfalk
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Angeflogen bei der Kranken,
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Ihr zu spenden guten Trost
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Mit Unsterblichkeitsgedanken:
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Freue dich, aus dunkler Nacht
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Zu der Sonne aufzufahren,
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Wo die Falken hell im Licht
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Kreisen mit den Königsaaren.
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Auch ein frommes Täubchen kam,
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Um der Feindin zu vergeben:
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Wenn du erst gestorben bist,
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Dann beginnt ein bess’res Leben.
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In der Unschuld Lichtgewand
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Darfst du mit den Turteltauben
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Zärtlich gurren, schnäbeln auch,
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Im Gezweig der Roselauben.
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Selbst ein Esel stand bereit,
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Sie mit seinem Trost zu quälen,
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Denn bei unserm Herzeleid
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Dürfen nie die Esel fehlen.
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Sprach: Geduld! es wird der Hirt
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Für der Erde Last und Qualen
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Deinen Lohn dir dort mit Heu
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Und mit Disteln ausbezahlen.
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Sterbend rief die Eule aus:
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Ach ich will’s euch redlich sagen:
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In stockfinstrem Paradies
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Möcht’ ich fette Mäuse jagen.
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Adolf Kußmaul
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